Kleine und große Pflanzen lassen sich durch die großen Fensterscheiben des rund 140m² großen Ladenlokals in der Bahnhofstraße 82a in Herne erblicken. Von außen lässt sich nur erahnen, dass das Mobiliar der ehemaligen McDonald’s Filiale seit 2011 fast unverändert geblieben ist. In den Erzählungen der mehrteiligen Videoinstallation Family Business von Silke Schönfeld (*1988) verschmelzen private Erinnerungen und kollektives Gedächtnis miteinander.
Nachdem 1971 in Amsterdam die erste Filiale in Europa ihre Pforten öffnete, folgte bald auch das Ruhrgebiet: Die Herner Familie Vossen gab das eigene Traditionsgeschäft Spezialhaus Berns – Haus der Geschenke in der Herner Fußgängerzone auf und eröffnete im Sommer 1976 vor Ort den ersten McDonald’s des Ruhrgebiets. Erwartungen und Hoffnungen, die mit dem Einstieg in das Franchise-Geschäft in den 1970erJahren verbunden waren, werden in der Filminstallation von Silke Schönfeld durch die heutige Realität des Ladenlokals kontrastiert. Family Business zeichnet dabei die Entwicklung des Ortes nach – vom Haushaltswarenladen zum Schnellrestaurant und zu seiner zeitweiligen Nutzung als Bandproberaum. In drei filmischen Kapiteln werden die Geschichten des Ortes und seiner Protagonist*innen mit übergreifenden Themen verwoben, die die Region nach wie vor stark prägen: vom Strukturwandel und sich verändernden Arbeitsbegriff über die Zukunft der Innenstädte bis hin zu der Bedeutung von Kultur für das Ruhrgebiet. Die Historie des Ladenlokals steht dabei exemplarisch für die Idee der Amerikanisierung der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft und nicht zuletzt für das soziale Klima der Zeit um die Jahrtausendwende und den sich wandelnden gesellschaftlichen Vorstellungen von Konsum, Esskultur und Freizeitgestaltung.
- Festival
Die Installation Family Business wurde im Rahmen der Ausstellung Ruhr Ding: Klima entwickelt und war vom 22.5—27.6.2021 in der Herner Innenstadt zu sehen.