Mein Name ist Sprache

Namen überwinden kulturelle und territoriale Grenzen auf eine Art und Weise, wie es die meisten Wörter nicht vermögen. Sinnfremd übersetzt – von falscher Aussprache oder Verleugnung der sprachlichen Herkunft – müssen sie sich meist der jeweils vorherrschenden Kultur anpassen. Durch Prozesse der Aneignung, Neuerfindung und Kreolisierung entwickeln Namen ein unvorhersehbares Eigenleben, welches im Hinblick auf sprachliche Vielfalt aber auch ein entdeckerisches Potential beinhalten kann. Nicoline van Harskamp (*1975) inszeniert im Wartesaal des Einwohnermeldeamts des Oberhausener Rathauses, einem Ort für bürokratische Meldeangelegenheiten, eine Videoinstallation, die Erzählungen des Übersetzens, der kulturellen Vereinnahmung von Namen und absurde, administrative Regularien aus verschiedenen Blickrichtungen aufnimmt. Um diese Geschichten zu finden, führte die Künstlerin vorab intensive Gespräche mit Menschen aus der Region, mit Migrant*innen, Spezialist*innen und Forscher*innen, die über die Abenteuer ihrer eigenen und anderer Namen berichteten. Die gesammelten mündlichen Zeugnisse bilden die inhaltliche Basis, die zu kurzen Monologen von verschiedensprachigen Interpret*innen verdichtet wird. Im Verlauf ihrer Erzählungen wird klar, dass Eigennamen nicht immer an ihre Besitzer*innen gebunden sind und sogar häufig unabhängig von diesen weiterleben– als zu speichernde Datensätze, Merkmale, Markenzeichen und Überwachungswerkzeuge. Die einzelnen Sprecher*innen verkörpern in van Harskamps Videoarbeit eigene oder fremde Namensgeschichten, welche sich im Oberhausener Rathaus und anderswo jederzeit wiederholen können.

Teile der Arbeit wurden für das Festival steirischer herbst 2018 sowie das Project Arts Centre in Dublin produziert und in diesem Rahmen bereits präsentiert. Für das Ruhr Ding: Territorien wurde die Arbeit im Auftrag von Urbane Künste Ruhr erweitert und in Teilen neu produziert.